Unerwünschtes Verhalten ignorieren - Sinn oder Unsinn?

Bestimmt hat jeder von euch schon den Trainingstipp bekommen, unerwünschtes Verhalten einfach zu ignorieren. Die Idee dahinter ist, dass der Hund irgendwann damit aufhört, weil es ihm keinen Erfolg bringt. Aber stimmt das wirklich? Die Antwort lautet wie so oft: Es kommt darauf an!

Bewegen wir uns mit unserem Hund im Ausbildungsbereich, ist diese Vorgehensweise meistens durchaus sinnvoll! Hier möchten wir unserem Hund schließlich etwas Bestimmtes beibringen, das er nicht selbstmotiviert tun würde. Das machen wir, indem wir ihm für gute, richtige Ideen positives, verstärkendes Feedback geben (Lob und Belohnung!) und die Ideen, die nicht in die richtige Richtung gehen ignorieren. In der Regel merken Hunde so sehr schnell, was die richtige Antwort ist und was nicht.

Bewegen wir uns aber im Erziehungsbereich, sieht die Sache etwas anders aus. Hier haben wir sehr häufig den Fall, dass unser Hund ein unerwünschtes Verhalten zeigt, weil er von sich aus eine Motivation dazu hat. Das kann sein, dass er seinem Jagdtrieb folgend einem Wildtier hinterherrennen möchte oder einen anderen Hund anpöbelt, weil der sich in seinem Territorium aufhält. Hier haben wir also ein Verhalten, hinter dem vom Hund aus eine mehr oder weniger starke Motivation steckt und das, wenn es ausgeführt werden kann, vielleicht sogar noch selbstbelohnend ist. Wenn wir nun dieses Verhalten ignorieren, unserem Hund also kein direktes Feedback geben, sondern ihm tatenlos dabei zusehen, lernt er, dass absolut nichts dagegen spricht, dieses Verhalten weiter zu zeigen. Im Gegenteil! Es lohnt sich vielleicht sogar und macht Spaß.

Unerwünschtes Verhalten zu ignorieren, sprich weder positives noch negatives Feedback zu geben, wirkt also nur dann abschwächend, wenn der Hund von sich aus keine große Motivation hat, das Verhalten zu zeigen. Wenn er aber eine intrinsische Motivation hat, wirkt "kein Feedback" nicht abschwächend, sondern wenn dann eher sogar verstärkend, weil das Verhalten selbstbelohnend ist oder der Hund schlichtweg Erfolg damit hat.

Dazu kommt auch noch, dass wir Verhalten, das an uns adressiert ist, z.B. Anspringen, Fiepen oder Bellen, oft gar nicht wirklich ignorieren können. Wir versuchen zwar vielleicht, nicht offensichtlich darauf einzugehen, aber unsere Hunde wissen ganz genau, wenn sie uns damit auf die Nerven gehen und wir gedanklich bei ihnen sind. Wirklich ignorieren können wir nur, was uns ganz ehrlich egal ist. Und Trommelfell-zermürbende Laute oder Pranken im Gesicht sind das doch eher selten…

Also redet mit euren Hunden! Sagt ihnen klar, wenn euch etwas nicht gefällt und lobt sie, wenn sie gute Entscheidungen treffen. Ihr werdet überrascht sein, wie viel Kontakt und Miteinander entstehen kann, wenn man auf der sozialen Ebene mit ihnen kommuniziert. Im Erziehungsbereich! Und wenn ihr Tricks und Hörzeichen mit ihnen übt, dann kaut ihnen nicht alles vor, sondern lasst sie ausprobieren und selbst die richtigen Antworten finden. Da dürft ihr verkehrte Ideen dann nach Lust und Laune ignorieren, solange ihr die guten Ideen bestätigt.

Übrigens habe ich genau zu diesem Thema einen neuen Onlinekurs im Angebot, in dem ihr lernt, wie ihr euren Hunden Tricks und Hörzeichen sauber beibringen könnt. Mein Clickerkurs startet zum ersten Mal am 15. Februar 2023 und ist anschließend als Selbstlernkurs auf meiner Homepage verfügbar.

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Timing - Den richtigen Moment für Feedback finden