Erwartungshaltungen - Unser bester Freund und schlimmster Feind!

"Erwartungshaltungen sind dein bester Freund und schlimmster Feind!" sagt Warwick Schiller, ein großartiger Pferdetrainer. Und das gilt nicht nur für Pferde, sondern ganz genauso für unsere Hunde!

Was sind Erwartungshaltungen? Sie entstehen, indem Situationen immer wieder gleich ablaufen und bestimmen das Verhalten, das ein Hund deshalb zukünftig zeigen wird. Wenn ich meinen Hund zum Beispiel jedes Mal direkt ableine und Party machen schicke, wenn wir eine Wiese betreten, wird das ganz schnell zu einer ungünstigen Erwartungshaltung werden. Dann wird mein Hund auf Wiesen bald schon von alleine im Erregungslevel hochgehen, ob wir das wollen oder nicht. Erwartungshaltungen können aber natürlich auch positiv sein! Wenn ich meinen Hund zum Beispiel immer, wenn ich ihn zu mir rufe, danach auch ins Platz lege, wird er das nach einer Weile schon von ganz alleine tun.

Erwartungshaltungen entstehen ständig und unaufhaltsam, denn Hunde entwickeln nun mal schnell Routinen und gewohnte Verhaltensmuster. Für uns Hundehalter ist nur essentiell, dass wir diese Prozesse auf dem Schirm haben und uns immer wieder bewusst machen, wie sie gerade das Verhalten unserer Hunde beeinflussen. So können wir solche Erwartungshaltungen, die zu Problemen führen (könnten) unterbrechen und ändern. Genauso können wir dann hilfreiche Erwartungshaltungen etablieren und fördern, die uns das Leben leichter machen und das Verhalten unserer Hunde zum Positiven verändern.

Unser Bewusstsein für Erwartungshaltungen ist nicht nur im Alltag und der Erziehung unserer Hunde wichtig, sondern besonders auch in der Ausbildung. Ein klassisches Beispiel, dass mir immer wieder begegnet: Der Hund wurde an einer Stelle geparkt, z.B. mit einem Sitz oder Platz, und der Mensch entfernt sich von ihm. Aufgabenstellung: Der Hund soll geduldig warten, bis er von seinem Menschen aufgelöst wird. Nun dreht sich der Mensch nach ein paar Metern um, ruft den Hund direkt zu sich und lobt ihn ausgiebig, weil er so schön gekommen ist. Was meint ihr, was passiert, wenn der Mensch diesen Vorgang so noch ein paar Mal wiederholt? Ganz einfach: Der Hund erwartet, dass er gerufen wird, sobald sich sein Mensch zu ihm umdreht und wird bald schon von alleine kommen, bevor er seinen Namen oder den Abruf überhaupt gehört hat. Und schon können wir den Hund nicht mehr zuverlässig parken, weil nicht darauf geachtet wurde, diese beiden Elemente zeitlich voneinander zu trennen.

Wollen wir so eine Übung besser gestalten, müssen wir unbedingt darauf achten, welche Signale wir miteinander verknüpfen und wo wir unseren Hund bestätigen. Zum Beispiel könnte man einfach immer 3-4 Sekunden warten, nachdem man sich umgedreht hat, bevor ein neues Signal kommt. Man muss den Hund auch nicht jedes Mal rufen, wenn man sich zu ihm umdreht. Lobt ihn doch mal auf Distanz und seht, ob er trotzdem sitzen oder liegen bleiben kann! Oder dreht euch nochmal weg und geht ein Stückchen weiter, bevor ihr ihn ruft. Oder ruft ihn auch mal gar nicht, sondern geht stattdessen nach einer Weile zu ihm zurück und bestätigt ihn dort, wo er gewartet hat! Diese kleinen Veränderungen bewirken extrem viel und entscheiden über den Erfolg eures Trainings.

Zu diesem Thema habe ich übrigens eine schöne Übung entwickelt: Die Kleeblatt-Übung!

Ihr findet die Anleitung dazu als Video in der Videobibliothek und als PDF in meinem nagelneuen Klubraum (kostenlos beitreten).

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Unerwünschtes Verhalten ignorieren - Sinn oder Unsinn?