Party-, Wander- oder Arbeitsmodus?

Wenn ich aktiv Zeit mit meinen Hunden verbringe, dann gibt es im Prinzip drei verschiedene Zustände: Party, Wandern und Arbeiten.

Wenn wir Spazierengehen, befinden wir uns zum Beispiel den größten Teil der Zeit im Wandermodus. Das heißt, dass wir gemütlich von A nach B laufen, jeder seinen eigenen Gedanken nachhängt oder Interessantes erkundet. Grundsätzlich haben wir aber alle fünf in etwa das gleiche Grundtempo und bewegen uns in die gleiche Richtung. Es gibt einen gewissen Gruppenradius, den die Hunde nicht verlassen sollen, aber sie dürfen in diesem Rahmen meistens ihr eigenes Ding machen. Natürlich habe ich mit jedem Hund nicht mit Freilauf angefangen, sondern erstmal mit kurzer Leine am Halsband gearbeitet, dann mit längerer Leine am Geschirr und dann erst frei, bis ich wusste, dass sie meine Entscheidungen akzeptieren, sich beherrschen und zuhören können.

Was es beim normalen Laufen in meiner Welt nicht gibt, ist hohe Energie und Party. Spielen, Toben und Rennen können sie, wenn wir zum Beispiel an einer passenden Stelle Pause machen und für längere Zeit stationär werden. Das passiert aber auch erst, nachdem alles abgecheckt und markiert wurde und sie sicher sind, dass nirgendwo eine Gefahr lauert. Das macht aus verhaltensbiologischer Sicht auch Sinn, denn Spiel kann nur stattfinden, wenn alle anderen Bedürfnisse befriedigt sind und man sich sicher fühlt. In dem Moment, in dem ich weiterlaufe, wechselt der „Partymodus“ übrigens sehr schnell wieder in den „Wandermodus“ und das Energielevel geht wieder auf ein normales Maß zurück.

Unser dritter Modus kommt auf normalen Spaziergängen tatsächlich recht selten vor und das ist der „Arbeitsmodus“, also Konzentration und das Ausführen bestimmter Signale und Hörzeichen. Ich weiß aber, dass ich jederzeit schnell in diesen Modus wechseln kann, wenn ich es mal brauche. Das kommt vor allem dann vor, wenn wir Außenreizen begegnen, weil ich meine Hunde dabei in der Regel zu mir rufe und entweder geschlossen vorbeilaufe, sie anleine oder kurz am Wegrand ins Platz lege, bis das Auto, die Fahrräder etc. vorbei sind.

Wichtig ist mir, dass ich diejenige bin, die darüber entscheidet, in welchem Modus wir uns gerade befinden. Natürlich können meine Mäuse anfragen, ob wir an einem Punkt eine Party starten können, aber sie müssen auch ohne Diskussion akzeptieren, wenn ich das gerade aus irgendeinem Grund nicht möchte oder zulassen kann. Zum Beispiel haben sie im Unterholz oder auf landwirtschaftlichen Flächen nichts verloren und wenn andere Menschen oder Hunde in der Nähe sind, müssen meine kleinen Raubtiere auch keine Action starten, von der sich andere vielleicht bedroht oder belästigt fühlen könnten. Das können wir machen, wenn wir unter uns sind. In der Gesellschaft anderer, v.a. fremder Menschen ist das einfach rücksichtslos.

Meine Hunde müssen jederzeit in der Lage sein, zwischen den Modi und damit zwischen unterschiedlichen Energien zu wechseln. Wie leicht ihnen das fällt, ist von Hund zu Hund ganz unterschiedlich. Taiga zum Beispiel hat am ehesten Schwierigkeiten damit, vom gemütlichen „Tüdeldü – Ich trödel‘ durch die Welt“-Wandermodus aufzuwachen und in den Arbeitsmodus zu wechseln, wenn ich sie an die Hand rufe und ablegen möchte. Da braucht sie an manchen Tagen ein bisschen, bis die Platte anspringt und das richtige Programm startet. Sam dagegen ist immer sofort voll online, wenn man ihn braucht. Dafür hat er manchmal Schwierigkeiten damit, nach einer Party wieder runterzufahren. Das kann dann in der Konsequenz heißen, dass ich Sam einmal körpersprachlich einschränken und beruhigen muss, bevor wir weiterlaufen können oder mit Taiga ein paar kleine Aufgaben direkt hintereinander zu arbeiten, bis sie aufwacht und aus ihrer Traumwelt auftaucht. Das sieht oft so aus, dass ich sie für einen Moment parke, mit den anderen ein paar Meter weiterlaufe, sie auf Distanz ins Platz lege, dann abrufe, vielleicht nochmal auf halber Strecke stoppe und wieder ins Platz lege. Wenn ich solche kleinen Abfolgen zwei- oder dreimal hintereinander mache, ist sie schnell wieder online und hört zu.

Ist das nicht der Fall und ich habe bei einem meiner Hunde mal das Gefühl, dass ich keinen zuverlässigen Zugriff habe, dann läuft dieser Hund nicht mehr frei, bis ich es wieder geändert habe. So einfach ist das! Denn wenn wir mit mehr oder weniger großen Raubtieren unterwegs sind, sind wir es unseren Mitmenschen und den anderen Lebewesen in unserem Umfeld schuldig, sie im Griff zu haben. Jeder hat ein Recht darauf, nicht belästigt oder gefährdet zu werden und zwar ohne, dass er oder sie aktiv darum bitten muss.

Zurück
Zurück

Merkmale und Fähigkeiten von Entscheidungsträgern

Weiter
Weiter

Gerahmte Ruheübung mit Colin